„Waffenfreie Zonen sind die gefährlichsten Orte in unserem Land“. Ja, das hat sie wirklich gesagt, und auch noch: „Die Amerikaner besitzen 46 Prozent aller Waffen der Welt. Ich glaube, wir müssen diese Zahl erhöhen“.
Lauren Boebert, republikanische Kongressabgeordnete für Colorado, hat Waffenbesitz zu einem zentralen Thema ihrer Politik und ihrer Kampagnen gemacht. Deshalb ist sie nie um einen guten Rat zum Umgang mit Waffen verlegen. Jesus zum Beispiel hätte sie zu einem Sturmgewehr geraten. Von diesen halbautomatischen Angriffswaffen habe er offenbar nicht genug besessen, um seine Regierung davon abzuhalten, ihn zu kreuzigen, sagt sie, sonst hätte er die Männer des Statthalters Pontius Pilatus im Garten Gethsemane abwehren können.
Da passt es, dass sie in Rifle, Colorado, ein Restaurant namens „Shooters Grill“ besitzt, in dem alle Mitarbeiter Waffen tragen. In Deutschland erinnert man sich noch an ihre Weihnachtskarte, auf der sie und ihre vier Söhne Waffen unter dem Weihnachtsbaum tragen.
Nun muss man natürlich zur Einordnung sagen, dass das Tragen von Waffen in den USA durch den zweiten Verfassungszusatz (Second Amendment) verfassungsrechtlich garantiert ist. Aber selbst für amerikanische Verhältnisse sind die Äußerungen von Lauren Boebert grenzwertig. Das liegt weniger an ihrem - verfassungskonformen - Bekenntnis zu Waffen als vielmehr an dem Kontext, in dem dieses Bekenntnis erfolgt.
Heute ist 1776 - auf der falschen Seite der Geschichte
Rund um den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 stellte sich Lauren Boebert - gerade frisch gewählt - auf die Seite des Mobs. „Erinnert euch an die nächsten 48 Stunden“, twitterte sie kurz vor der Besetzung des Gebäudes. Und wenig später veröffentlichte sie das Versteck, in das die Abgeordneten zum Schutz vor den Angreifern gebracht worden waren. Zwei Angeklagte, die an der Erstürmung des Kapitols beteiligt waren, sagten dem Magazin Rolling Stone, Boebert sei eine der Abgeordneten gewesen, mit denen sie ihre Umsturz-Aktion koordiniert hätten.
Solche (kriminellen) Aktionen machen Boebert bei ihren Wählern beliebt. Hinzu kommt, dass sie gut aussieht und damit als klassische Vertreterin des unkomplizierten, wehrhaften und robusten „Girls“ aus dem Wilden Westen gilt. Das entdeckten auch die Medien in Washington, und geboren war der neue weibliche Polit-Star der Republikaner im Kongress: radikal, fotogen und immer einen lockeren oder wahlweise auch dummen Spruch auf den Lippen.
Bei so viel medialer Aufmerksamkeit ist es zu verschmerzen, dass sie auf ihrem Twitter-Kanal als Kongressabgeordnete nur eine Million Follower hat und nur selten Tweets absetzt. Auf ihrem privaten Account hat sie dagegen 3,2 Millionen Follower, postet aber ebenso wenig. Allerdings ist sie auf dem privaten Account politisch direkter. Schon im Header heißt es: „Raising my boys to be MEN before liberals teach them to be women!“
„ATF, Alcohol, Tabacco, Firearms. In Western Colorado we call it a fun weekend
Lauren Boebert hat ein Privatleben - und sorgt damit immer wieder für Aufsehen. So wurde sie im September 2023 aus dem Musical Beetlejuice geworfen, weil sie während der Aufführung neben einer schwangeren Frau geraucht hatte, sich weigerte, ihre E-Zigarette auszumachen und als sie den Saal verlassen musste, dem Publikum den Mittelfinger zeigte. Später wurden Aufnahmen der Überwachungskamera gezeigt, die sie und ihren Begleiter bei intimen Handlungen während der Aufführung zeigten - oder wie Boebert es ausdrücken würde: Fun Weekend.
Das Problem: Öffentlich setzt sie sich für eine erzkonservative Erziehungs- und Familienpolitik ein. Seit 2021 vertritt sie den dritten Bezirk von Colorado im Repräsentantenhaus des Kongresses. Sie gilt als eine der radikalsten Vertreterinnen der Trump-Anhänger und polarisiert selbst innerhalb der Republikaner.
Neben Twitter ist Boebert auch auf Instagram und Facebook vertreten. Während ihr Instagram-Account eine Sammlung von Boebert-Fotos ist, ist Facebook politischer. Doch trotz der hohen Followerzahl ist Boebert nicht Social Media affin. Zwischen ihren Posts liegt oft ein Jahr, meist aber mehrere Monate. Auf YouTube ist das anders. Dort werden oft mehrmals pro Woche kurze Videos oder Redeausschnitte von ihr veröffentlicht. Auf YouTube hat sie ca. 120.000 Follower und ihre Kurzvideos haben mit ca. 40.000 Views pro Video sehr gute Zugriffszahlen.
Lauren Boebert ist wie Marjorie Taylor Greene zu einem republikanischen „role model“ für weibliche Alt-Right-Wählerinnen (und Wähler) in den gesamten USA geworden. Während Liz Cheney zu intellektuell und mittlerweile auch zu kritisch ist, bieten Boebert und Greene reine MAGA-Parolen. Die Wähler sind sehr stolz auf Boebert, weil sie lautstark den ländlichen, landwirtschaftlichen, konservativen und christlichen Sektor vertritt. Etwas, von dem viele das Gefühl haben, dass es in Washington nicht zählt und vergessen wird. Übrigens gehört sie zu den wenigen US-Abgeordneten, die auch in Deutschland bekannt sind und über die auch hier die Medien vom Spiegel bis zur Süddeutschen Zeitung ausführlich berichten.
Sie selbst bezeichnet sich als „Ultra-MAGA“ und ist absolut Trump-loyal. Sollte sie im November erneut den Sprung in den Kongress schaffen - was nicht sicher ist - könnte sie sich für höhere Weihen empfehlen - wenn auch nicht bis ganz nach oben.
Quellen:
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